Bitte keine Steuergelder für Opel-Rettung – erst recht nicht per Treuhandlösung

16. Mai 2009

Unser neuer, überaus emsiger Bundeswirtschaftsminister von und zu Guttenberg hat am Donnerstag verkündet, Opel mit einer Treuhandlösung retten zu wollen, um die Zeit zwischen GM-Insolvenz und Einstieg eines neuen Investors überbrücken zu können.

Mir ist schon vollkommen schleierhaft, warum der Staat ein Unternehmen wie Opel überhaupt mit Steuergeldern retten sollte:

  • Opel ist seit 1929 (sic!) im Bestiz von GM. Hier noch von einem eigenständigen Unternehmen zu reden, das sich rauslösen lässt, ist in meinen Augen ein Witz.
  • Der Marktanteil von Opel in Deutschland war in den letzten 40 Jahren im freien Fall. Während er 1972 noch 20,4% betrug, ist er bis 1985 auf 15,5% gefallen, bis 2000 auf 12,2%  und betrug 2008 nur noch 8%. Opel hat es also aus unterschiedlichen Gründen zunehmend weniger geschafft, deutsche Käufer für ihre Produkte zu interessieren.
  • Die globale Autoindustrie ist von enormen Überkapazitäten gekennzeichnet. Man hört zahlen von 90 Mio. Fahrzeugen Produktionskapazität bei einem erwarteten Absatz von 50 Mio. Fhrzg. in diesem Jahr. Konsolidierung ist also unausweichlich.
  • Die Mindestgrösse für einen langfristig überlebensfähigen Autohersteller dürfte bei rund 5 Mio. Fhrzg. pro Jahr liegen. Open und Saab zusammen kommen aber nur auf gut 2 Mio.

Sprich: Opel ist zu klein, zu schlecht aufgestellt, verliert Marktanteile und ist kaum sauber von GM zu trennen. Warum sollte man gerade solch ein Unternehmen mit Steuergeldern vor der notwendigen Konsolidierung retten???

Aber auch vom industriepolitischen Standpunkt verstehe ich den Rettungsaktionismus für Opel nicht. Weder ist Opel ein unverzichtbarer Teil der deutschen Autoindustrie, noch würde die deutsche Autoindustrie ohne Opel stark geschwächt, noch ist dort einzigartiges Wissen gebunden. Ganz im Gegenteil, die ohnehin schon sehr kleinen Marktanteile von Opel würden im Insolvenzfall auf andere Hersteller aufgeteilt. Da VW und Ford die grössten Profiteure sein dürften , würde die Wertschöpfung also weitgehend im Land bleiben. Auch für die Zulieferindustrie erwarte ich nur wenig Verluste. Lediglich sehr stark von Opel abhängige Zulieferer könnten nicht überleben. Deren Technologie ist aber fast schon per Definition nicht branchenkritisch. Bei Zulieferern mit branchenkritischem Absatz oder Technologie werden deren Hauptkunden schon im Eigeninteresse aufpassen, dass deren Überleben gesichert ist.

Und ohne, dass ich hier tiefere Einblicke hätte, aber die beiden Rettungskandidaten Fiat und Magna erscheinen mir beide mehr als suspekt. Während Fiat vor kurzem noch selbst am Rande der Insolvenz stand und immer noch weit von einem prosperierenden Unternehmen entfernt ist, empfinde ich den Plan, sowohl Chrysler als auch Opel und Saab retten zu wollen, gelinde gesagt, als größenwahnsinnig. Und vielleicht bin ich voreingenommen, aber Magna als Strohmann für russische Möchtegern-Autohersteller erscheint mir noch absurder….

Während schon der bisherige Case für eine Opel-Rettung durch Steuergelder also nicht nachvollziehbar ist, wird durch die Treuhandlösung alles noch schlimmer. Wie gut kann die Verhandlungsposition ggü. Fiat oder Magna noch sein, wenn bereits Garantien für deren Rettung ausgegeben worden sind und die beteiligten Politiker ihren Namen mit der Rettung verknüpft haben?

Im Erbebnis sehe ich es ganz ähnlich wie verlorene Generation: lasst uns in einem sauberen Insolvenzverfahren mit ausreichend Zeit für Konzepte und Verhandlungen und ohne Wahlkampfdruck gucken, was sich von dem Laden noch retten lässt.

P.S.: Die absurdeste Begründung für eine Opel-Rettung nennt Ute Berg (immerhin wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion): Opel sei von GM über Jahre ausgebeutet und ausgetrocknet worden und darum ein Extremfall, der Staatshilfe rechtfertigt (dazu guter Beitrag von Miscellaneous Economic Ramblings).